Schlüssige Darstellung eines Handelsbrauchs bei Untersuchungsobliegenheit

März 2018

Das Handelsrecht sieht vor, dass der Käufer die Ware unverzüglich prüfen muss. Für diese Untersuchungsobliegenheit ist darauf abzustellen, welche in den Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs fallenden Maßnahmen einem ordentlichen Kaufmann im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung auch der schutzwürdigen Interessen des Verkäufers zugemutet werden können, damit er seine Gewährleistungsrechte erhält.

Hierauf weist der Bundesgerichtshof (BGH) in einer aktuellen Entscheidung hin. Dabei ist nach der Entscheidung einerseits zu berücksichtigen, dass die Vorschriften über die Mängelrüge in erster Linie den Interessen des Verkäufers dienen. Dieser soll nach Möglichkeit davor geschützt werden, noch längere Zeit nach der Lieferung oder nach der Abnahme der Sache etwaigen Gewährleistungsansprüchen ausgesetzt zu sein. Diese wären dann nämlich nur schwer feststellbar. Das ließe sich durch die schnelle Untersuchung vermeiden. Andererseits dürfen die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Untersuchung nicht überspannt werden. Ansonsten könnte der Verkäufer in die Lage versetzt werden, das aus seinen eigenen fehlerhaften Leistungen herrührende Risiko über das Erfordernis der Mängelrüge auf den Käufer abzuwälzen.

Um diese beiden Gegensätze miteinander in Einklang zu bringen, präzisiert der BGH und gibt Anhaltspunkte für die Grenzen der Zumutbarkeit an. Zu berücksichtigen sind danach vor allem

  • der für eine Überprüfung erforderliche Kosten- und Zeitaufwand,
  • die dem Käufer zur Verfügung stehenden technischen Prüfungsmöglichkeiten,
  • das Erfordernis eigener technischer Kenntnisse für die Durchführung der Untersuchung
  • beziehungsweise die Notwendigkeit, die Prüfung von Dritten vornehmen zu lassen.

Die Richter stellen dabei klar, dass die gesetzlich geforderte Untersuchung nicht von derartigem Umfang und solcher Intensität sein muss, dass sie nach Art einer „Rundum-Untersuchung“ alle irgendwie in Betracht kommenden Mängel der Ware erfasst.

Sodann weist der BGH darauf hin, dass im Handelsverkehr Art und Umfang einer gebotenen Untersuchung auch durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) vorgegeben werden können. So könnten etwa die zu untersuchenden Eigenschaften und die dabei vorzugsweise anzuwendenden Methoden konkretisiert und gegebenenfalls auch generalisiert werden. Voraussetzung dafür sei, dass dies durch die Umstände veranlasst oder durch eine in dieser Richtung verlaufende Verkehrsübung vorgezeichnet ist. Dabei müsse erkennbar sein, dass die Konkretisierung oder Generalisierung hinreichend Rücksicht auf die beiderseitigen Interessen nimmt. Die AGB würden den Vertragspartner unangemessen benachteiligen, wenn nach der Klausel die Ware immer vollständig auf ein Vorhandensein aller nicht sofort feststellbarer Mängel untersucht werden müsse, ohne näher nach Anlass und Zumutbarkeit zu differenzieren. Es müsse vielmehr ein Raum für Abweichungen verbleiben, in denen eine Untersuchung vernünftigerweise unangemessen ist oder dem Käufer sonst billigerweise nicht mehr zugemutet werden kann.

Quelle

BGH, Urteil vom 6.12.2017, VIII ZR 246/16, Abruf-Nr. 198765 unter www.iww.de

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