BFH-Entscheidung: Keine verdeckte Gewinnausschüttung ohne Zuwendungswillen

Juni 2024

Eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vermögensverschiebung von einer Kapitalgesellschaft an einen Gesellschafter setzt einen Zuwendungswillen voraus – und ein solcher kann aufgrund eines Irrtums des Gesellschafter-Geschäftsführers fehlen. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs (BFH) ist es insoweit maßgebend, ob der konkrete Gesellschafter-Geschäftsführer einem Irrtum unterlegen ist, nicht hingegen, ob einem ordentlich und gewissenhaft handelnden Geschäftsleiter der Irrtum gleichfalls unterlaufen wäre.

Hintergrund: Bei einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) handelt es sich – vereinfacht – um Vermögensvorteile, die dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gewährt werden. Eine vGA darf den Gewinn der Gesellschaft nicht mindern.

Das war geschehen

Geklagt hatte eine GmbH, deren Stammkapital durch die alleinige Gesellschafter-Geschäftsführerin u. a. durch die Einbringung einer Beteiligung von 100 % an einer weiteren GmbH erbracht werden sollte. Bei der einzubringenden GmbH wurde eine Kapitalerhöhung durchgeführt, die die Gesellschafter-Geschäftsführerin begünstigte. Das Finanzamt sah hierin eine vGA der GmbH an ihre Gesellschafter-Geschäftsführerin. Dagegen argumentierte die GmbH, dass die Zuwendung an die Gesellschafter-Geschäftsführerin irrtümlich wegen eines Versehens bei der notariellen Beurkundung der Kapitalerhöhung erfolgt sei.

So entschieden die gerichtlichen Instanzen

Das Finanzgericht (FG) Schleswig-Holstein wies die Klage ab, weil einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführer der von der GmbH dargelegte Irrtum nicht unterlaufen wäre. Der BFH hat nun aber klargestellt, dass es für die Frage, ob der für die Annahme einer vGA erforderliche Zuwendungswille vorliegt, allein auf die Person der konkreten Gesellschafter-Geschäftsführerin ankommt. Er verwies den Streitfall deshalb zur weiteren Sachaufklärung an das FG zurück.

Beachten Sie

In seiner Urteilsbegründung zum Vorliegen einer vGA führt der BFH aber auch Folgendes aus: Der handelnde Gesellschafter muss nicht mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis handeln, er muss den Tatbestand der vGA nicht kennen und er muss das Geschehene auch nicht richtig würdigen. Vielmehr genügt in aller Regel ein persönlich zurechenbares Handeln.

Diese Grundsätze gelten aber nicht uneingeschränkt, da es zur Annahme einer vGA – so wie bei einer offenen Gewinnausschüttung – eines Zuwendungswillens bedarf.

Quelle

BFH, Urteil vom 22.11.2023, I R 9/20, Abruf-Nr. 240822 unter www.iww.de, PM 20/24 vom 11.4.2024

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